Auf zum Begnas Lake

Veröffentlicht am 4. April 2023 um 16:40

Fast hatte ich es geschafft. Am Morgen des 17.März (es war der 3. Tag der Anreise) um 7.00 fuhren wir endlich Richtung Pokhara an den Begnas Lake. Ram, mein Taxifahrer, fuhr diese Strecke oft, er schätze 5-7 Stunden, denn die Straßen seien „under construction“, d.h. in sehr schlechtem Zustand.

Wir verließen die Stadt in südlicher Richtung, die Stadtteile waren schon zum Leben erwacht, überall Menschen mit Waren aller Art, ein buntes Treiben, sehr viele homeless dogs, Autos und LKW, die sich recht schmale Strassen teilen mußten und es bedurfte schon besonderer Fähigkeiten, auszuweichen, Raum zu geben, nicht aneinander zu rammen oder irgendwen umzufahren. Das geht hier, sie achten aufeinander und das Gewusel folgt Prinzipien, die mit einer Strassenverkehrsordnung nichts zu tun haben…unsere kleinen Oberlehrer auf den Strassen würden hier schlicht verrückt werden. Das alles kannte ich noch aus Indien...ist es vielleicht  Achtsamkeit?

Später fädelten wir uns dann auf die Straße nach Westen ein, die sich nach ca. 80Km in einen Weg nach Indien und einen in die westlichen Regionen des Landes teilen würde. Das Kathmandutal liegt hoch,so dass wir einen „Abstieg“ vor uns hatten und ich freute mich auf die als pitoresk und landschaftlich reizvoll beschrieben Straße nach Westen mit Ausblick in die Ferne.Der Verkehr war dicht und uns kamen Stoßstange an Stoßstange LKW`s aus Indien entgegen, die mühsam den Berg ins Kathmandu Tal hinaufkrochen. Wir hatten dagegen deutlich mehr freie Bahn, weite Sicht. Ich lehnte mich entspannt mit einer abgepolsterten Hüfte in den Sitz zurück und döste ein….und dann begann der Alptraum. Ein Rütteln und Schütteln und Schlagen des Autos ließ mich aufschrecken, vor uns eine dichte Wolke aus Sand, rotem Sand, Bausand.

Riesige Baumaschinen an den Straßenrändern und auf der Straße, Bauarbeiter die in diesem Dunst Steine schleppten, Fußgänger und Motorrollerfahrer, die sich mit Mundschutz und Ganzkörperkondomen (Plastikanzügen) vor dem Staub zu schützen versuchten. An einigen Stellen wurden Wasserwerfer eingesetzt, um dem Staub Herr zu werden, das aber hielt nur kurze Zeit an. Ausblick Pustekuchen!
Es war die Hölle und ich fürchtete um meine Hüfte. Sollte etwa durch dieses Gerüttel der Haarriss zu einem Bruch werden. Ich bin keine Medizinerin und mich ergriff schlicht weg die Panik.

Dieser Zustand hielt an, außer auf kurzen Abschnitten, in denen die Straße schon fertig gebaut war und ich kurz aufatmete, um dann sogleich wieder in Verkrampfung zu verfallen, wenn um die nächste Ecke schon wieder die roten Staubwolken zu sehen waren. Ganze 153 KM hielt dieser Zustand an und wir waren bereits 8 Stunden unterwegs.

Dann bog Ram endlich rechts in die Berge ab, um mir die restlichen 50 KM zu ersparen. Hier schlängelte sich die schmale Straße, asphaltiert mit Schlaglöchern, phasenweise geschottert, aber im Vergleich eine Traumstrasse, zwischen Hügeln, Reisfeldern und Bergen hindurch, überquerte Flüsse und durchquerte Weiler, Dörfer und Kleinstädte. Je weiter wir nach Westen kamen, desto ländlicher, idyllischer und schöner wurde die Landschaft. Die Zahl der Betonhäuser nahm ab, die Population von Wasserbüffeln, Ziegen und Hühnern nahm deutlich zu. Was mir sofort auffiel: die Frauen trugen die traditionelle Kleidung, die Männer westliche. Das war durchgängig so und dazu fiel mir ein, dass es hier eine auffallend große Zahl an Empowermentprojekten für Frauen gibt. Die Kleidung scheint also nicht unbedingt zu bedeuten, dass die Frauen traditionsbewusster sind, sondern ich fürchte, es bedeutet, dass hier das Patriachat herrscht.

Nach 2 weiteren Stunden erreichten wir den Begnas Lake und ich war im Paradies. Ein Boot lag am Ufer bereit und der freundliche Fährmann plazierte mich sichermit meinen Stützen und vor der am Abend wolkenumhüllten Silhouette des Anna Purna Massivs wurde ich in der Abendsonne über den Begnas Lake zum Resort gerudert.

Angekommen, endlich, was für ein Traum, den Himalaya vor Augen würde ich hier vier ganze Wochen verbringen und mich um nichts, aber auch um gar nichts kümmern müssen……allerdings mit einem Wermutstropfen, der großen Sorge, die mich die kommenden 2 Tage noch sehr beschäftigen sollte: Hatte die Höllenfahrt meiner Hüfte etwas anhaben können?

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