Europa hat mich wieder ... und nun?

Veröffentlicht am 25. April 2024 um 17:29

12.April 2024 

Die Adria ist knallblau, weiße Schaumkronen wippen fröhlich mitunter auch angestrengt, weil der Wind sie droht zu zerreißen.

Ich bin auf der Fähre von Patras nach Venedig, um Mitternacht eingeschifft, unfreiwillig einen Tag eher, deshalb fiel meine letzte Griechenlandtour nach Delphi aus…schade.

Diesen magischen Ort hätte ich gern noch erlebt. Nun die Reederei hatte die Fahrt am heutigen Abend gestrichen und so, sollte nicht mein gesamter Besuchsplan in den nächsten 2 Wochen durcheinanderkommen, musste ich also einen Tag eher fahren, also gestern.

Der Wind ist kräftig, aber mit der Sonne und gut eingepackt in meine Bhutandaunenjacke ist es herrlich draußen. Ich versuche in einer windgeschützten Ecke zu meditieren, aber meine Gedanken laufen davon. Dann umrunde ich das Schiff, mache ein paar Bewegungsübungen und stelle voller Erstaunen fest, ich bin annähernd schmerzfrei seit meiner Akkupunkturbehandlung auf der Silver Spirit.

Nie hatte ich eine schmerzhaftere Behandlung als diese, aber am Ende ging es mir deutlich besser. Ich nehme auch mit aller Verwunderung meine plötzliche Standfestigkeit und Balance oben an der Reling wahr und freu mich darüber.

Ich will es nicht übertreiben, ob das nun temporär ist, was ich nicht hoffen will oder tatsächlich eine Balance in mir eingekehrt ist, durch alles und vieles in diesen fast 14 Monaten, am Ende ist das egal. Entscheidend: es geht mir gut, ausgesprochen gut, mein Körper meckert nicht, Ohren, Magen, Darm und Hüfte, sie schweigen…allein mein Tinitus ist geblieben, die rechte Seite und das linke Knie noch nicht voll belastbar.

Die griechische Küste, Korfu, Albanien ziehen vorbei.

Ich stehe an der Reling und schaue auf die Spur, die das Schiff hinterlässt und mir laufen alle meine Reiseziele durch das innere Auge…Nepal, Thailand, Laos, Singapur, Sumatra, Borneo, Bali, Papua-Neuguinea, Fidschi, Neuseeland, Tahiti, Marquesas, Bora-Bora, Vietnam, Kambodscha, Sri Lanka, Bhutan, Oman … allen habe ich Kapitel gewidmet und versucht meine Empfindungen und Beobachtungen zu beschreiben, Deutungen, vorsichtig in meinem mir möglichen Kontext, zu formulieren, Erkenntnisse für mich selbst zu fassen.

Meine eigene innere Entwicklung ist dabei immer mitgelaufen, ich habe sie versucht in Worte zu fassen.

Eine Bekannte schrieb mir einmal, dass ich mich so „in den Wind stelle“, das beeindrucke sie.

Ja, und nun stehe ich hier tatsächlich im Wind, im Wind auf dieser Fähre und lasse nochmals und nochmals und nochmals Footprints meines Selbst vorbeiziehen.

Ja, ich habe mich tatsächlich in den Wind gestellt, mich nicht weggeduckt, bin nicht ausgewichen, bin manchmal über mich hinausgewachsen, manchmal waren es Irrwege, habe Fehler gemacht, falsche Entscheidungen getroffen, habe versucht zu nehmen, was daherkam, habe auch gezweifelt, habe Vieles richtiggemacht, habe versucht im Wandel der Reise immer wieder rauszufinden, was ich eigentlich brauche und möchte, was dieses Leben bisher war und nun sein kann.

Übrigens ganz zum Leidwesen einer Freundin, die sich um meine Finanzen kümmerte und manchmal von meinen Veränderungen im Plan und damit verbundenen Stornierungen oder neuen Überweisungen ganz verzweifelt war.

Nocheinmal genieße ich einen Sonnenuntergang auf See...mal sehen, wann der Nächste kommt.

Die Kreuzfahrt durch die Ägäis, die dem Verarbeiten und dem Chillen gewidmet war, hat mir Ruhe zum Schreiben gegeben… nun werde ich mich treiben lassen, denn morgen, in Venedig, beginnt meine Zeit der Wiedereingewöhnung in das Europa, das mich geprägt hat und diese Zeit soll nicht der Erinnerung dienen, sondern dem Blick ins „Jetzt“ Raum geben, um langsam nach Hause fahren zu können. 

Die blaue Adria hat kaum noch Schaumkronen, wir nähern uns also der Küste von Italien, der Wind läßt nach, wir verlassen die offene See…gleich sind wir in Venedig...es ist mittlerweile wieder Sonnenaufgang!

Noch Eines: Mittlerweile weine ich nur noch selten, aber oft noch fühle ich diese Enge in der Kehle, die einem Weinen vorausgeht.

Ein Grund für mein Weinen war wohl eine riesen große Entlastung, das Loslassen all der Belatungen, des Aufpassens, des Streßes, ob alles gut geht. Es gab viele Räume der Entspannung, aber es war doch immer das Organisieren, achtsam sein, umschauen, vergleichen und entscheiden dabei.

Eine andere Bekannte bot mir ausserdem die Deutung an: „Vielleicht ist es eine Mischung aus Abschied von dieser reichen Zeit und gleichzeitig Dankbarkeit Dir selber gegenüber, dir diese Reise geschenkt zu haben.“  Danke für diese Beschreibung, sie trifft zu. 

Und es ist eine Dankbarkeit so vielseitig beschenkt worden zu sein, im Glück, im Vergnügen, im Staunen aber auch durch Krisen, dumpfe Momente, manchmal Müdigkeit oder auch genervt sein.

Dankbar, am Ende gesundheitlich doch recht fit und sicher durch diese Welt getragen worden zu sein und vor allem: ein vorher nie dagewesenes positives und energiegeladenes Lebensgefühl in mir zu erleben.

Nicht dauernd, da gibt es auch Müdigkeiten, die wie eine graue Decke über mir liegen, aber, wenn ich die ernst nehme und mich ausruhe, dann kommt die Energie zurück.

Und es gibt eine innere Stille, die zu genießen, ich lernen konnte, die mir Ruhe gibt und Zufriedenheit. Nicht immer, da ist auch noch die alte Sehnsucht nach Teilen und zu zweit sein und der Wunsch für jemanden wichtig zu sein. 

 

 

All denen, die mitgelesen und miterlebt haben, die geantwortet und mitgedacht, die mitgefühlt, mitgelitten und sich mitgefreut haben…all denen danke ich, so war ich nicht allein und das war gut.

Von Venedig reise ich mit dem Zug über die Alpen nach München, Haßfurt und Berlin , dort wohnt mein Auto im Garten von Freunden.

Ich treffe Bekannte und FreundInnen und werde sicherlich nicht nur schöne Begnungen erleben, rechne mit Neid, mit Desinteresse, aber auch mit Freude und Erzählen und Mitteilen von mir, von Ihnen...Austausch, Zuhören, Staunen und Wundern...schaun wir mal.

Deutschland begegnet mir mit Eiskälte ... es schneit und es pfeift ein scharfer Wind .... hoffentlich nur beim Wetter!

Es ist wie erwartet...mit Manchen ist es wunderbar und lebendig, manchmal fühlt es sich nicht richtig an und dann tut es auch schon mal richtig 

Tja, so ist das, das wahre Leben...

Aber die meisten Begegnungen,  ob München oder Berlin,  waren so voller Leben und großer Freude sich wiederzusehen...schön!

Gleich kommt mein Auto mit Peter und dann fahre ich mit ihm als Fahrlehrer zu ihm und seiner Frau nach Finkenkrug,  raus aus Berlin.

Ob ich noch fahren kann? Das Auto ist geputzt und gut versorgt...Danke!

Es geht los...ich fahre wieder selbst!

Am Samstag den 27.4. 24 um 20.00 kam ich nach 410 Tagen, das sind 13 und ein halber Monat, zurück nach Lübeck.

Die Rückkehr in diese Stadt war im Gegensatz zu meinen Stippvisiten in München und Berlin, ernüchternd.

Das gibt mir zu denken, sehr zu denken. 

Ich werde diesen Blog jetzt beenden und meine Gedanken nicht weiter teilen. Ich freue mich darauf auf anderen Wegen mit denen zu kommunizieren, mit denen ich im Kontakt bin und sie mit mir.

Und...ich werde mich nicht mehr anstrengen!

Diese Reise hat mir viel über mich gezeigt und genausoviel über Andere...jetzt liegt es an mir, damit umzugehen. 

Mein treuer Freund, der buddhistische Mönch, den ich vor vielen Jahren in Frankreich fand...er stammt wohl aus Vietnam...erwartete mich mit seinem freundlichem Lächeln.

...ich bin wieder in Deuschland, zuhause in Lübeck, meine Reise ist zuende, meine innere Reise aber geht weiter...

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