Die alten und die neuen Götter… und noch viel mehr…

Veröffentlicht am 15. Mai 2023 um 17:39

Hinduismus und seine Götter:  Shiva hat mir am besten gefallen, er verändert seine Gestalt andauernd, je nach Notwendigkeit ist er der heilende, der rettende oder der strafende Gott, er raucht Shit und ist in der Regel sehr relaxed. Seine Frau ist Parvati, sein Sohn ist Ganesha, dem er versehentlich den Kopf abschlug und dann den nächst besten Kopf als Ersatz nahm den er finden konnte….einen Elefantenkopf. Das ist die heilige Familie, aber es gibt noch jede Menge andere Gottheiten, die allerdings oft auch nur in einer anderen Gestalt von Shiva oder Parvati daherkommen. Mit ist es nicht gelungen, hier wirklich Klarheit zu erlangen.

Buddhismus mit seiner Achtsamkeit, seiner Neidlosigkeit sowie dem Postulat der Gier abzuschwören entsprechen meiner philosophischen Grundeinstellung schon sehr lange. Meine Zeit in Japan vor mehr als 20 Jahren hat damals wohl die Grundlagen gelegt. Einen Gott kennt der Buddhismus nicht, er kennt Buddha, der die Erleuchtung in sich selbst fand.
Auch der Buddhismus findet eine Materialisierung in Tempeln und Stupas (budd. Gotteshaus, das im Kern nur den Mönchen zugänglich ist) und Klöstern. Klöster sind meist über unzählige Treppen wie z.b. in Namo Buddha zu erreichen, während Tempel und Stupas meist leichter zugänglich sind.

Vor allem die älteren Menschen sind ihrem Glauben sehr verbunden. Rituale, wie z.B. die tägliche Opfergabe auf dem jeden Morgen aufgefrischten, erdfarben eingefärbten rituellen Fleck vor jeder Haustür. Hier soll die Gottheit innehalten und das Haus schützen und segnen.

Die alten Städte Dhulikhel, Patan und Bhaktapur mit ihren unzähligen Tempeln, Stupas und  Opferstätten, ließen mich eintauchen in die alten Zeiten….in den Glauben, die Götter, die Verehrung von Himmel und Muttererde… ließen mich eine Ahnung bekommen welch eine Kultur hier vor Hunderten von Jahren herrschte. …wohlwissend, dass die Erbauung dieser vielen, heute doch oft sehr herunter gekommenen Kult- und Kulturstätten einerseits denjenigen zu verdanken ist, die die Macht und die Visionen hatten und andererseits denjenigen, die keine Wahl hatten als zu dienen. So wie heute die unteren Kasten immer oft noch keine Wahl haben und in den unteren Lohngruppen mit schlechter Ausbildung (gute Schulen sind Privat und kosten Schulgeld) dienen müssen …

Viele Legende ranken sich auch um die Tempel und Stupas. So wurde vor langer, langer Zeit am heiligen Fluß im Kathmandutal von einer Kuh, die sich selber melken konnte, ein Phallus von Shiva in einem Erdloch gefunden. Heute steht an dieser Stelle der Goldene Tempel, der heilige Pashupatinath Tempel (Herr über alles Lebende).

Die Attribute des Todes werden direkt  zu Füßen des goldenen Tempels zelebriert. Diese Rituale werde ich später nochmals tiefer beleuchten. Im Gegensatz zu unserer westlichen Welt gibt es eine Symbiose von Leben und Tod in der hinduistischen wie auch buddhistischen Welt. Während bei uns das „entweder oder gilt“, gilt hier das „sowohl als auch“.

Im inneren eines jeden Tempels steht ein erigierter Shivaphallus, die Öffnungen der Tempelchen bilden den weibliche Konterpart. Steht man am Ende dieser Reihe, setzt sich der Anblick von Shiva`s Phallus in seiner weiblichen Höhle etliche Male fort. Hier erhoffen Frauen Kindersegen und Männer eine gute Fortpflanzungsfähigkeit, also Attribute für das Leben.

Jährlich wiederkehrende Rituale strukturieren das Glaubensjahr, geben Halt und Hoffnung, zeigen Regeln für das Zusammenleben und vor allem, bedeuten tägliche Demut.

Wie das gemeinsame Essen der Nerwari am buddistischen Tempel, das die buddhistischen Familien am Tempel jährlich abhalten, zu dem auch jeder Vorbeikommende eingeladen wird. Die Frauen tragen ihre roten Festtags-Saris und den traditionellen Schmuck der Nerwari, dem Stamm der hier im Kathmandutal mehrheitlich lebt. Demut über das vergangene genährte Jahr empfinden, Segen erbittend für das kommende Jahr. Und dabei mit der ganzen Familie feiern und zusammen sein.

In einem anderen Tempel wird den toten, nicht verheiratete Frauen gedacht. Die Angehörigen bringen hier Kochgeschirr als Angedenken und erbitten den Segen für die Verstorbene. Oder die Fastentage, die einmal jährlich hier für 5 Tage stattfinden. Frauen die getrennt leben von ihrem Mann fasten hier und wenn der Mann kommt und sie sich wieder einig werden, dann führt er sie in einem erneuten Hochzeitsritual wieder nach Hause. Werden sie sich nicht einig, ist die Ehe für immer vorbei und die Frau kehrt zu ihren Eltern zurück.

Viele, viele Rituale, Geschichten, die kleinen Tempel an jeder Straßenecke, die größeren überall in Stadt und  Land……ein Ausdruck eines tiefen Glaubens, der die Menschen hier wohl sehr trägt oder getragen hat. Ich denke auch, dass er vielen geholfen hat ihre Armut zu ertragen und sich in ihre Rollen zu fügen. Das gilt wohl in erster Linie für den Hinduismus, der Buddhismus ist ja eher den Philosophien zuzuordnen und kennt eine gesellschaftliche Hierarchie nicht.

Seit Jahrhunderten koexistieren beide, Hinduismus und Buddhismus friedlich neben einander.

 

In den letzten Jahren sind jedoch neue Religionen hinzugekommen und auch neue Götter, die das Gleichgewicht empfindlich stören.

Vor allem das großen Erdbeben 2015, durch das allein in Nepal an die 10000 Menschen starben, hat unzählige religiöse Gruppen mit Hilfsangeboten nach Nepal geschwemmt. Verhängnisvoll wenn diese Gruppen nicht nur helfen, sondern in erster Linie missionieren. Ich erlebte in einem Hotel wie Nepalesen geschult wurden für eine angeblich christliche Kirche die Menschen zu bekehren. Sie wurden dafür bezahlt und auch die Angeworbenen wurden mit Geld belohnt. Die Machenschaften, die ich eher Sekten zuordne, die meisten kommen aus den USA; bringen Unruhe in die alte Struktur und forcieren die Spaltung, wenn nicht sogar die Auflösung der tradierten religiösen Wurzeln. Der Verlust der Werte, das Auseinanderdriften in Familien ist auch hier zu Lande ein zunehmendes Problem.

Ein Gott, der die Auflösung der alten Strukturen, Werte und Bräuche sehr stark beschleunigt, ist der Gott: Internet

Niemand ohne Handy, überall WIFI, keine Grenzen im öffntlichen Raum, die Handys laufen in der Physiotherapie mit Film, im Fitnesscenter, bei Frühstück, auf dem Motorrad, beim Einkauf, in der Pause ………keine Stille, keine Achtsamkeit, nur ein einziges mediales Getöse. Die Menschen sind sehr freundlich, aber sie sind nicht achtsam, muten sich in ihrer Lautstärke und einer gewissen Art der Rücksichtslosigkeit vollkommen ungeniert zu.

…von wegen Shangri La.

Ein 2. Gott der hier alles im Griff hat, ist das Motorrad, das Auto des kleinen Mannes. Wer ein Motorbike hat, ist mobil, schnell und unabhängig. Überall drängen sie sich, selbst in den schönen Gassen von Boudha, dem Klein Tibet in Nepal, verstopfen sie alles und übertönen das tiefe Dröhnen der buddhistischen Instrumente in den vielen Tempeln und Klöstern in diesem Stadtteil von Kathmandu.

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