Das Fremde, das fremder war als alles Fremde

Veröffentlicht am 18. Juni 2023 um 11:42

Meine philosophische Sicht auf die Dinge

Aber jetzt war ich hier, in der grünen Hölle Laos, in der Fremde, die fremder war als alles Fremde. Aber das war es doch, warum ich in die Fremde gezogen bin?

Fremdes erleben, meine Fernweh stillen, neues in mein Leben lassen, offen werden für das, was da noch ist und meiner Neugier Futter geben. Raus aus der Komfortzone, runter vom Sofa und weg von allem Gewohnten, um mir selber anders zu begegnen. Eine letzte Chance im Alter nochmals die Blickrichtung zu ändern, Eingefahrenes zu verlassen und auszuleeren, was mich immer gefüllt hat, damit anders hineinpasst in dieses Leben! ………..Ich wiederhole mich!

Und ich scheiterte schon an dem Gedanken, dass man hier Hunde isst…das war schon zu viel Fremdes, neben den vielen anderen Eindrücken, Sprachen (24/7 englisch), Gestiken, Mimiken, Menschen, Gewohnheiten, Wetter, Städten, Dörfern, Landschaften, Religionen, Gesprächen, Farben, Beobachtungen, Begegnungen, Erfahrungen … Vieles, was ich nicht zu deuten wusste…woher auch…ich bin in der Fremde.

Da half mir auch meine tägliche Meditation nicht mehr. Die Gedanken rasten und ich war deprimiert. Ich hörte damit auf. Ich plante meine Rückreise, einen Ausstieg.

Ich hatte Planung und vollgestopfte Tagespläne mit offene Zeiten und fremden Begegnungen getauscht … surprise, surprise, surprise, die Welt öffnet sich … und haut mich um!

Als eine Freundin am Telefon sagt: bei dir ändern sich ja dauernd die Pläne … da verstand ich noch nicht … denn es war der Urlaubsmodus, der noch eingeschaltet war. Planen, organisieren, buchen, ausführen …. nach Hause kommen und Alltag weiterleben.

 

Aber Reisen geht anders. Da wirst du mit der Welt konfrontiert, die sich dir in den Weg stellt, die dir alle Kontrolle nimmt und dich einlädt doch lieber anders abzubiegen…warum auch nicht… denn du hast Zeit, deine Zeit. Da gibt es kein Ende, das absehbar ist, da gilt es Entscheidungen zu treffen, weil man ja nicht in unglücklichen Situationen verbleiben will. Im Urlaub denkt man sich was aus und wenn es gar nicht passt, hält man das schlimmstenfalls die kurze Zeit aus …. aber auf einer Reise …. da geht es nicht um Aushalten, Wegschauen, Mitlaufen …. da geht es allein um das, was du willst und kannst, das zeigt sich aber oft erst, wenn du mittendrin bist. Dann gilt es umzustricken und sich neu umzuschauen, eine tolle Chance zu ergreifen oder etwas zu erleben, was du gerne nicht erlebt hättest.

 

Mit Entspannung, die mir so oft in den Worten: einen schönen Urlaub, gewünscht wurde… gutgemeint!... hat das nichts zu tun, all das, die Konfrontation mit dem Fremden und die eigenen Bedürfnisse erkennen und umsetzen in der Fremde, um so das Fremde vielleicht doch zu etwas Vertrautem werden zu lassen, es so weit zu integrieren, dass es zu mir gehört und ich damit weitergehen kann, das kostet Kraft, Energie und eine gehörige Portion Mut zur Flexibilität und zum Neuen, denn das Fremde und Neue macht auch Angst und verunsichert.

 

Und es braucht Zeit für Verarbeitung, Auszeiten von der Reisezeit. Denn nur so kannst du all das verdauen, was da vorbeikommt und wieder offen werden …… nur wenn du offen bist, dann gibt es die Chance, das dir Fremde ungebremst zu entdecken, denn der Blick aus Deutschland, der gewohnte, oft verplante, gesicherte und „So muss es sein, so war es immer“, dieser Blick verstellt Dir die Sicht.

Das ist m.E. der Unterschied zum Urlaub, die Rückkehr nach kurzer Zeit schenkt Entspannung, auch Erfahrungen, aber ich glaube eine Reise, vor allem mit dir allein, ohne Gegenüber, das dir Auszeiten von dir selber ermöglicht, außer deinem Tagebuch, ohne Arbeitsstrukturen und anderen Einbindungen über so lange Zeit, schenkt dir Verunsicherung, Infragestellung, Euphorie und Depression, Angst und Sicherheit, Lebendigkeit und Erschöpfung und zunehmend hoffentlich einen erlebten Freiraum, Offenheit, gar Freiheit und zunehmend … ein Glücksgefühl, das du da bist, wo du bist und es genießen kannst. Und plötzlich bist du  nicht mehr einsam, du bist lediglich allein unterwegs.

Allein

Es führen über die Erde
Strassen und Wege viel,
Aber alle haben
Dasselbe Ziel.
 
Du kannst reiten und fahren
Zu zwein und zu drein,
Den letzten Schritt mußt du
Gehen allein.
 
Drum ist kein Wissen
Noch Können so gut,
Als daß man alles Wichtige*
Alleine tut.
 
*eigene Wortwahl der Verfasserin)

Hermann Hesse

Das allerdings ist ein langer Weg. Wollte ich den wirklich gehen oder doch lieber in die Struktur meines Alltags zurückkehren?

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Kommentare

Sabine
Vor 6 Monate

Liebe Brigitte, nach gut 4 Wochen Rückkehr aus Sri Lanka finde ich dieses Wochenende die Muße deinen wunderbaren Reiseblog zu lesen und mach dir jetzt schon das Kompliment, dass du eine gute Mischung aus Bildern und Text gefunden hast, die das Lesen zu einem kleinen Abentuer werden läßt. Mich nimmst du jedenfalls mit Spannung mit und ich freue mich aufs Weiterlesen. Sehr persönlich, aber wenn man dich kennengelernt hat, weiss man, dass genau Du das bist ;-)
Gute Reise weiterhin und bis bald... Berlin oder Lübeck...wir werden es sehen

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