Borneo...eine Herausforderung der besonderen Art

Veröffentlicht am 30. Juli 2023 um 15:52

Unser Reiseleiter für ganz Borneo und Henry...mein Held vom Maskenkaufen, local Guide der Iban-Kultur

Am 16.7. fuhr ich schon früh zum Flughafen…die Maschine nach Borneo würde erst um 18.00 starten, aber ich hatte genug erlebt in 5 Tagen Singapur. 

Als ich in die Visa on Demand Abfertigungshalle in Kuching im Sarawak auf Borneo kam, erkannte ich sie gleich…meine zukünftigen Reisegenossen auf der Tour durch Kopfjägergebiete in alter Zeit, tropische Regenwälder, Teeplantagen und den Urwald im obersten Nordosten, in dem die heiß begehrten Fotoobjekte frei leben: die Orang-Utans. Die meisten hatten sich schon gefunden und das verwunderte mich nicht, waren sie doch optisch aus einem Holz geschnitzt. Zünftig, sich farblich an die Erde anpassendes Outfit, mich erinnerte das ein bisschen an die Wandervögel von früher. Sie waren gewappnet mit festen Schuhen, praktischen Safariwesten, Tropic-Outdoorkleidung in gedeckten Farben, die schnell trocknen, Tagesrucksäcken mit der obligatorischen gelben Wasserflasche unseres Reiseveranstalters…hatten alles, brauchten nichts…und die meisten hatten sich, 4 Paare und eine Eltern-Kind-Konstellation, die sich stetig verbunden zu sein schienen und auf der Reise gern immer zusammen waren, die einen mehr, die anderen auch schon mal weniger.

Wir würden die meisten Landesteile im Wesentlichen mit Booten entdecken...das ist ganz meine Sache und ich freute mich schon. Zwischen den Naturreservaten konnten wir nur fliegen, es gibt keinen Landweg.

Es gab noch ein weiteres Einzelwesen…es sprach auch hin und wieder, war wohl mit diesen Strukturen bestens vertraut und somit zufrieden.

Wir waren komplett, der Reiseleiter stand bereit und es konnte losgehen.

Nun musste ich zusehen, wie ich mich in diese Bande integrieren könnte: ein Wandervogel war ich nicht, mitlaufend war ich nicht, eine unabhängige Zwei-Einheit war ich auch nicht. Also offen für alle sein und mich nicht übersehen, Es war ja das Land, das mich interessierte, die Gruppe ein „Fahrzeug“, um an diese entlegenen Stellen der Welt zu gelangen…nicht mehr, aber eigentlich sollte es auch nicht weniger sein! Ich wollte Austausch und Begeisterung teilen, kritische Auseinandersezung und nett plaudern.

Völlig entspannt und interessiert, wer mir begegnen würde, stieg ich in den Gruppenbus ein, ohne Arg setzte ich mich beim Essen auf gerade den Stuhl, der frei war und beim Bootfahren nahm ich die Seite mit Schatten. Da hatte ich aber nicht mit der wohl immer noch ungetrübten Liebe zur Zweisamkeit gerechnet. Der Platz „daneben“…war immer besetzt. Sie waren gern im Doppelpack unterwegs und genügten sich selbst. Eine Daseinsform die in Deutschland weit verbreitet ist und alle glücklich macht … für Singels mit Wunsch nach einem minimalen Maß an Austausch und, wenn es darauf ankommt, auf Unterstützung und Empathie, spiegleglattes Eis, das am Ende brach. Ich reiste die letzten 2 Tage alleine weiter, was verständlicherweise Unmut hervorrief…wir kennen ja alle das Märchen: Spieglein, Spieglein an der Wand…das Spieglein zeigt das was ist …  das anzuerkennen, war dann meine Erkenntnis und Erfahrung…

Wie fotografiert man Dschungel.............das war hier die große Fotoherausforderung

Eine Reise in ein Land wie Borneo zu machen, ist schon eine Herausforderung, aber eine solche Reise zu machen ohne Soulmades ist ein Kunststück innerer Abgrenzung und Unabhängigkeit. Das Klima, 35-38° bei annähernd 100% Luftfeuchtigkeit ist allein belastend genug. Die Seelenverwandschaft der anderen untereinander war gegeben, nur ich paßte da nicht hinein.

Eine kluge Frau hat mir den guten Rat gegeben: drei Tage abwarten, erst dann zeigt sich, wie eine Gruppe funktioniert. Nach drei Tagen war es deutlich. Ich würde für die Truppe eine Zumutung werden.

Immer wieder begegnet mir auf meiner Reise, wie wichtig es ist mit den richtigen Leuten zu reisen. Gruppenreisen machen eben gern auch Menschen, die sich eine solche Reise allein nicht zutrauen, sich gern alles organisieren lassen und auf den gewohnten Komfort nicht verzichten wollen oder denen, für die eine Individualreise zu teuer ist. Wer so zusammenkommt hat ja das gleiche Ziel.

Ich aber würde gern eintauchen und Austausch haben, Erlebtes, die Begeisterung und Neugier auf Fremdes teilen, wie Kulinarisches oder Sitten und Gebräuche. Da spielen Faux Pax beim Essen, wie kalte Suppe oder Schimmel in Duschfugen eine eher untergeordnete Rolle. Luxus und dritte Welt, das passt nicht wirklich zusammen…das Spannende ist ja das Fremde zu erleben und nicht das Fremde zu besichtigen.  Sich davon bewegen zu lassen.

Luxusschuppen....von modern bis gediegen, im Dschunge, am Fluß, am Meer...vom Feinsten

Aber war das mein Weg zu reisen?

Ich sah ja wie die Einheimischen leben.

Ist das meine art zu reisen? Eher nicht.

 In der Zukunft werde ich darauf achten, dass Standard und Reiseland zusammenpassen, um wirklich im Land zu sein, um authentische Begegnungen und Konfrontation mit der Fremde und dem anders Sein zuzulassen, um mich selbst ein zu lassen, um den Versuch zu machen, das Land ein wenig zu begreifen.

Sich selbst dabei auch mal in Frage stellen, darum kommt man dann wohl nicht herum, aber das genau ist ja die Frucht von reisen, der „harvest“, die Fülle der Anders-Welt in sich aufzunehmen und ausgetretene Pfade zu verlassen. Ich wollte nie Welten konsumieren, um mir zu bestätigen, wie gut ich es habe und dass ich alles richtig gemacht habe…ich wollte im Respekt vor dem Anderen meine Sicht und meine Empfindungen erweitern, um das Fremde erweitern, um selber zu wachsen. Hier geriet meine Sicht auf die Dinge, meine Kommunikationsfreudigkeit und Offenheit zur Zumutung. Was für eine Enttäuschung für die Gruppenmitglieder, eine Mitreisende zu haben, die sprechen wollte und emotional begeistert war, die sich schwer tat kontrolliert, still und ruhig zu sein, unsichtbar sozusagen…so etwas Lebendiges bringt ja schon mal ungewollten Schwung in alte Zweisamkeit…besser Distanz halten…auf die nächste Reise sparen mit Menschen, die gleich unterwegs sind.

Die Iban waren Köpfjäger. Die Köpfe der erlegten Krieger des feindlichen Stammes wurden in einem Kopfhaus über dem Feuer geräuchert und dort Jahrhunderte lang aufbewahrt.

Sie lebten in aufgestelzten Langhäusern eng miteinander. Das Sarawakgebiet wird in der Regenzeit stark überflutet, nur so konnten die Stämme ihre Bauten sichern. Hochgestellt Bamuswege verbinden die Gebäude miteinander, um sich eben auch in der Regenzeit bewegen zu können.

Die Entdeckung der Kopfjägertribes im Museumsdorf war interessant. Tanz und Musik für die Besucher: so war es früher…aber einen „freilebenden“ Einheimischen haben wir nur in Gestalt unseres wirklich engagierten lokalen Guides Henry erlebt . Der streifte dann auch mit mir durch die Läden von Kuching, um nach Masken zu suchen. Dabei sahen wir viel, klar auch für Touristen, für wen sonst, aber immerhin konnte ich stöbern. Und so fand ich sie denn auch, sie hing hoch oben in 4 Metern Höhe mit 2 weiteren Artgenossen vom Iban-Tribe, dem größten Kopfjägervolk auf Borneo, und schaute auf mich herunter. Zufall, dass ich sie sah, wir waren sofort im Kontakt…vermutlich eine der 7 Omenvogelmasken, die der Schamane zu verschiedenen Themen befragte und dann den Ruf des jeweiligen echten Vogels interpretierte, um das Omen dann zu verkünden. 3 weitere Omenvögel trafen wir, Petra und Robert, zwei von uns, haben sie fotografiert ohne zu ahnen, wen sie da fotogrfieren...ich hab mich sehr gefreut, danke,

Es könnte aber auch die des Nashornvogels sein. Wie alt sie ist kann man vermuten, ich habe noch keine Zeit gehabt zu recherchieren…sie hat sicher viel gesehen und verursacht. 

Ich schickte sie gleich auf die Reise und nun ist sie bald schon in Deutschland. Die Gruppe fragte neugierig nach, wollte das Bild sehen, aber dann doch keine weiteren Erläuterungen hören.

Die  Köpfjägerstämme waren allesamt große Schnitzer von Masken und anderen Reliefen, wie z.B. einem Lebensbaum. Es machte Spaß das alles zu entdecken.

Meine Begeisterung fand die Resonanz in den Gesichtern aus süddeutschen, ostdeutschen und ausländischen Gefilden nicht, der Nährboden für Begeisterung. Sie/ Wir waren sehr verschieden.

Ich blieb dennoch dran, war ja auch mein Ding dran...sammelte Infos wo immer ich sie bekam, aber ich konnte das Wissen nicht mitteilen…wo ich doch so gern erzähle und mein Wissen verbreite…in diesem Kontext war das für meine Reisegruppe wirklich eine echte Zumutung.

Auf der Suche nach Delfinen auf einer Bootstour über den Sarawak River zeigten sich am nahen Ufer die ersten Wildtiere: ein Krokodil von nicht unerheblichem Ausmaß und Adler hoch oben auf totem Geäst. Die Delfine, witziger Weise Mekongdelfine, die hier leben und die ich im Mekong nicht mehr sehen konnte, denn dort sind sie seit Corona ausgestorben, zeigten sich scheu nur mit der Rückenflosse…aber sie waren da!

 Was wirklich beeindruckend war, waren die Ranger und ihre Hingabe zu ihrem Land und dessen Erhaltung. Sie kannten jedes Tier, ob klein oder groß und wäre ich nicht so langsam gewesen, weil ich meine Hüfte in Singapur bei der Entdeckung der nicht vorhandenen alten Quartiere überfordert hatte, so hätte ich auch seine Erläuterungen mitbekommen. Aber die Gruppe war wissbegierig und schnell, so bliebe ich zurück, unterstützt vom Guide, um bei der nahenden Dunkelheit nicht verloren zu gehen.

Aber immerhin hatte ich den Ausflug von Millionen von Bats, Fledermäusen, miterlebt, die in einer großen Kalksteinhöhle tagsüber wohnen und um 18.00 zu 2/3 ausschwärmen und die Welt von Moskitos, anderem Stechgetier und Kleinzeug zu befreien. Und ich habe Lampenträgerzikaden kennengelernt.

 

Die Bootsausfahrt am kommenden Tag fiel dann für mich besser aus, ich erholte mich lieber im Luxushotel. Das schnelle Hinterherlaufen hatte meinen Zustand noch verschlimmert. Auch machte es mir keinen Spaß immer die Letzte zu sein, fehlte mir das Verweilen, denn die anderen waren immer schon wieder weg. Und so erfreute ich mich an Kleinigkeiten...
Es war sowieso Regenzeit

Ich legte nochmal einen Strandtag ein, ich hatte für mich ja gelernt;: Weniger ist mehr!

Die Anderen  besichtigten einen Stamm , der sie mit Tanz, gutem Essen und  dem Eindruck aus alten Stammeszeiten beeindruckte,

Im Schutzpark von Kintamani konnten wir dann malayische Kragenbären beobachten und gefräßige Makaken, die sich über den Fruchtköder für die Orang-Utans hermachten. Letztere entschieden sich an dem Tag dem Schauspiel, an dem min. 150 Schaulustige gerne teilgehabt hätten, fern zu bleiben. Wenn es Nasenaffen gewesen wären würde ich sagen…sie haben uns allen, die wir in Herden über Holzbohlen liefen, um sie zu besichtigen, eine lange Nase gemacht.

Aber immerhin die Kleinen durften wir durch eine einseitige Glasscheibe sehen…gut so, denn der Kontakt zu Menschen würde sie für ein Leben in der Wildnis unfähig machen, denn dorthin werden sie zurückgehen.

Das Plateau des Kintabalu und dieTeeplantagen zeichneten wunderschöne Landschaften und Szenarien dieses tropisch-feuchten Teiles der Erde. Die Tierwelt ist umwerfend, die Fauna eine grüne Hölle, dagegen war Laos ein netter Wald. …. Es gibt täglich Neues zu entdecken.  Ob Fischmarkt oder Obstverkostung, Alltagsleben oder Entspannung unter Freunden, dank unseres Guides konnten wir Vieles probieren und erriechen und miterleben…scharf und süß, herb und sauer, fischig und reif, moderig und duftend....bunt, fremd, belebend, bereichernd....fremd!

Der Höhepunkt dann die Reise in den äußersten Nordosten des Landes Sabah, nach Sandakan. Dieses Gebiet ist nur mit dem Boot zu erreichen. Wir wohnten in einer Luxuslodge, baulich eingepasst, aber eben auch wieder eine Touristen Insel. Vorteil: Klimaanlage!

 

 

 

 

Mit dem Boot ging es dann über die vielen Arme des Flusses zur Tierbeobachtung, am frühen Morgen, in der prallen Sonne und in der Abenddämmerung.

Mir war ein paar Tage vorher meine Kamera verreckt, das machte Stress. Ich hoffte auf Bilder meiner Reisegenossen…die dann auch einige Zeit später per Mail von 2 Parteien kamen. An dieser Stelle sei erwähnt, dass fast alle Tier-Fotos seit des Feldermausausfluges aus dem Cave von Petra Richter und Robert Nisz stammen. Einen großen Dank an euch beiden!

Vom Boot aus sahen wir dann auch die ganz Großen, die Orang Utans beim Stinkfrucht futtern…Gott…haben die lange Arme, aber auch die frechen Makaken, die am liebsten ins Boot gesprungen wären, die witzigen Nasenaffen, bei denen die Männchen eine lange Nase habe, deren Länge angeblich dafür verantwortlich ist, wie viele Weibchen sie beglücken können. Die Weibchen haben Himmelfahrtsnasen…ob die einen tieferen Sinn haben, habe ich nicht erfahren. Last but not least die langhaarigen Languren, scheu und schwer zu fotografieren. Vögel zischten immer wieder vorbei, ließen sich nieder, putzen sich, beobachteten uns oder suchten ihre Partner. Robert und Petra wurden nicht müde sie „einzufangen“, ich genoss die Ansicht, gezwungenermaßen.

Borneo ist unbedingt eine Reise wert …die Ranger sind unglaublich engagiert…die Flora und Fauna ist einzigartig…die Geschichte der Kopfjäger hätte gern in Geschichten erzählt werden können, wenn Geschichten und tieferes Wissen hätte sein sollen…aber niemals mehr würde ich eine solch strapaziöse Reise mit Menschen machen, die ich nicht kenne. Ich möchte keine Zumutung sein.

Den Baum der Glühwürmchen, das Pflanzen der Bäume zum Erhalt des Urwaldes und der Besuch bei der Familie am Fluss mit Mittagessen und Urgetier fiel leider bei mir aus. Ich hatte mich wohl angesteckt bei anderen in der Gruppe, lag mit Fieber flach und mir graute vor dem Rückflug nach Kuala Lumpur.

 

Das Grauen war berechtigt… Meine COPD zwingt mich ja, vorsichtig zu sein und am Ende zog ich in ein Hotel in Kuala Lumpur nebst ärztlicher Versorgung, um meine, zu diesem Zeitpunkt schon massive, Sinusitis mit Mittelohr- und Trommelfellentzündung gut zu versorgen, während die anderen das Nachtleben erkundeten und die Hochhaussilhouetten dieser wirklich hässlichen Stadt ablichteten.

 

Was genau sie alles sahen kann ich nicht sagen, wie bereits anfangs erwähnt, hatte ich die Gruppe quasi nach Ankunft im Flughafen verlassen … ich war mit meinem Gepäck, fiebernd und müde, mal wieder zu langsam…sie gingen andere Wege

 

 

Ziemlich erschöpft, vollgepumpt mit Kortison und Antibiotika, flog ich noch recht angeschlagen nach Bali

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Kommentare

Claudia & Oliver
Vor einem Jahr

Liebe Brigitte, bleibe so bunt, offen und voller Neugier wie wir dich kennengelernt haben. So bist du richtig!
Wie schade, dass deine Mitreisenden so verschlossen waren. Wir erfreuen uns an deinen wunderschönen Bildern und lesen uns deine Texte gegenseitig vor, die uns wirklich beeindrucken. Du schreibst so treffend, dass wir deine Eindrücke miterleben können, berührend und spannend, erstaunlich und lehrreich. Wir danken dir von Herzen und grüßen von einem sonnigen Tag am Meer. C&O

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