Maoris und ihre „Hexen“-Küchen… nur eine Fahrstunde entfernt von Taupo liegt Rotorua , das Zentrum der Maori Kultur. Schon von Weitem sah man die 25m hohe Fontäne des größten Geysirs der südlichen Hemisphäre, den Pohutu Geysir. Es dampfte beim Näherkommen auch hier schon aus allen möglichen Ritzen und Erdlöchern. Der Geruch ließ mich an der Teufels Küche denken und als ich mir den Geysir aus nächster Nähe in Te Puia, dem Art- und Kultur-Zentrum der Maori genauer ansah, erlebte ich die schwefelhaltigen, mit blubberndem Schlamm oder mit heißen dampfendem Wasser gefüllten Kraterlöcher aus nächster Nähe. Ein erster Eindruck von der Hexenküche. Nicht dass es hier ein Missverständnis gibt…die Maori vergleiche ich in keiner Weise mit Hexen, die Schwefeldämpfe und der Geruch erinnerten mich nur so an meine Phantasien aus Kindertagen.
Der beißende, nach Fäulnis riechende Dampf kroch durch allen Poren und zuerst hatte ich Sorge, meine Lunge würde schlappmachen. Aber im Gegenteil, zumindest hat das Mrs. Googel, so nannte sie Bobby immer, gesagt.Die Ursprungssiedlung der Maori in dieser Gegend fiel einem Vulkanausbruch zum Opfer und so siedelte der Tribe in das heutige Mitai Village bei Rotuora über.Noch heute erinnern über 140 Holzfiguren an die Toten, sie stehen überall im Dorf.
Spannend zu sehen, wie einfach und klein die Schlafhütten waren und wie groß die gemeinschaftlich genutzten Koch- und Versammlungshäuser. Letztere werden Marae genannt, sind. Das Leben ist grundsätzlich gemeinschaftlich, es gibt keinen persönlichen Besitz, alles ist Besitz des Stammes und Gewinne oder Erträge werden ebenso geteilt wie Aufwendungen und Kosten.
.Die Küchen waren äußerst intelligent angelegt, man nutze den heißen Dampf, um zu garen, ein Vorläufer unserer heutigen Dampfgarer quasi, und das heiße Wasser diente zum Kochen. Die Maiskolben waren köstlich, sie lagen 15 Minuten in der Quelle und nehmen den Geruch des Schwefels nicht an, sein Geruch allerdings war gewöhnungsbedürftig.
Inmitten dieser Dämpfe zu leben – man mag sich daran gewöhnen. Das Kochbecken hat einen Überlauf und das überschüssige Wasser wird durch Kanäle in Tauchbecken geleitet, die als Badewannen dienen. Erst danach wird es in die freie Natur entlassen. Ob es damals Plumpsklos gab, weiß ich nicht, aber ich könnte mir vorstellen, dass das Wasser, bevor es in die Natur entlassen wurde, zur Reinigung dieser Orte verwendet wurde.
Die Maori bemühen sich , ihre Kultur immer weiter zu fördern und so konnte ich im Art-Zentrum in Te-Puia zusehen, wie die Schnitzereien entstanden, Mode aus den alten Materialien hergestellt wurden und aus Knochen, Jade und Steinen herrlicher Schmuck entstand.
Hier lernte ich auch Sid kennen, ein junger Maori, der die Ausbildung bei den alten Meistern in Te-Puia bereits abgeschlossen hatte und nun sein Geld mit Carving, in erster Linie von Schmuck, verdient. Aber in seinem Tribe hat er auch das Marea mitgestaltet. Er zeigte mit die gekreuzten Köpfe am Giebel seines Marea.Na jetzt liegt ja wohl auf der Hand, was passierte: ich fragte ihn ob er eine Maske für mich schnitzen würde. Die Maori schnitzen nicht irgendetwas, sie versuchen das „Dahinter“ zu erfassen, intuitiv, spirituell.
Wir unterhielten uns einige Male und dann schickte er mir schon mal eine Zeichnung. Er wird diese Maske im Laufe der nächsten Monate fertigen und dann nach Deutschland schicken. Ich bin mehr als gespannt und freue mich sehr über dies ganz andere Art zu einer Maske zu gelangen…sie wird sehr persönlich werden, sozusagen eine Maske meiner Seels, die emotional und spirituell erfasst ist, nicht in der Realität, dazu war die Zeit zu kurz.
40 Autominuten entfernt von Rotuora in Wai-O-Tapu stößt der Geysir Lady Knox alle 20 Minuten seine Fontäne in den Himmel und läßt so eine bizarre Mondlandschaft entstehen. Die Dame reagiert auf Seife. Kippt man einen Eimer Seife in das Geysirloch dauert es nur wenige Augenblicke und die Lady kotzt diese unbekömmlich Suppe wieder aus, allerdings in einer riesigen Fontäne, minutenlang. Wunderschön anzusehen, ein Spektakel dem täglich viele Leute zusehen.
Das Wai-O-Tapu Gebiet mit seinen Seen, heißen Quellen, Minigeysiren oder dampfenden Kratern ist beeindruckend. Die Natur präsentiert sich mit allen Farben die der Schwefel hervorbringt, es leuchtetet in allen Farben, orange, grellgrün und gelb. Das Gebiet heißt nicht zu unrecht: Künstler-Palette.
Die abgestorbenen Sträucher und Bäume zeugen von Kraterausbrüchen in jüngster Zeit. Schon beim Einlass und dann immer wieder auf Warntafeln, wird man informiert: wenn die Sirene 3-mal ertönt, muss man das Gebiet sofort verlassen…Ein Ausbruch naht.
Neben dem Nutzen der vulkanischen Geschenke von Mutter Erde beherrschen die Maori, wie alle polynesischen Stämme, die Holzschnitzerei in Meisterschaft. Und so verwundert es nicht, dass die Marae so reich verziert sind, die Stützen eine einzige Schnitzerei, die Marae im Inneren mit Gesichter, Tiere und Szenen geschmückt sind. Vor allem die ausgestreckte Zunge, die mich ja bereits seit Laos in den Holzschnitzereien verfolgte, taucht auch hier immer wieder auf. Erst Wochen später lerne ich von einem hawaiianischen Professor auf der Aranui 5, ein Fracht – und Passagierschiff in der Südsee, in französisch Polynesien, wie die Wege der Polynesier verlaufen sind und dass ich Ihnen seit Laos unbewusst gefolgt bin.
Geschichten, Mythen, Bedeutungen, nicht nur in Holz geschnitzte, auch in die Haut tätowiert. Denn die Polynesier haben ihre Lebensgeschichten auf der Haut erzählt, festgehalten. Jede Linie hat eine Bedeutung, wie mir ein junger Maori erzählte und mir dabei seinen Arm zeigte. Sein Körper hat noch viel Platz, seine Lebensgeschichte hat gerade erst begonnen. Wir mögen uns ja oft bei dem Gedanken an Tätowierungen schütteln, aber diese hier sind wunderschön, das muss sogar ich zugeben. Die Frauen tragen Kinntätowierungen, Moto, die Männer Gesichts- und Armtätowierungen
So allmählich begann ich die Zusammenhänge zu begreifen, laienhaft versteht sich, fehlerhaft, unwissend, aber wissbegierig! Ich begriff welchen Weg die Polynesier vor ungefähr 1000-2000 Jahren aus der Mongolei kommend genommen haben und welche Stämme heute mit wem im Südpazifik verwandt sind. Dazu aber später mehr, die Reise zu dem Marquesas entschlüsselte am Ende fast alle Fragen. Die Maorikultur ist auf Neuseeland noch ziemlich jung. Ob es dort Ureinwohner nicht polynesischer Herkunft gab, ist unklar. Es heißt, dass die ersten Polynesier unter Kupe, dem Häuptling und Seefahrer der Polynesier, die nach neuem Land suchten, 925 n.Christus nach NZL kamen, das Land zunächst oben im Nordosten in der Bay of Island betraten, dann aber weiter segelten und sich am Ende genau gegenüber im Nordwesten in der Bucht von Hokianga niederließen. Von hier aus besiedelten sie das Land, von dem heute noch etwa 150 Stämme übriggeblieben sind. Dabei sollen sie alles was sich ihnen in die Quere stellte und was zum Erhalt diente, aufgegessen haben, wohl auch die Ursprungsbewohner Neuseelands. Diese Annahme aber ist nicht gesichert. Die Polynesier waren Kannibalen, ob in Borneo, auf den Fidschi Inseln, hier in Neuseeland oder in der Südsee. Nun könnte man meinen und das habe ich auch immer angenommen, dass auch die Papua Neuguinesen, die ja quasi auf dem Weg von der Mongolei nach Polynesien und Neuseeland liegen, auch Polynesier sind. Nein, weit gefehlt. Sie sehen anders aus, sie sind nicht tätowiert, sie haben heilige Ahnen Häuser in denen die Männer herrschen und eine Initiation der Jungen zum Mann stattfindet, sie haben keine gemeinschaftlich genutzten Maraes, die man sonst überall in Polynesien findet und ihre Schnitzkunst bringt im wesentlichen Masken für den rituellen Tanz und Musik sowie die Gestaltung der Balken in den Ahnenhäusern hervor, während die Polynesier eher Gesichter, Köpfe und Statuen schnitzen und alle Holzelement der Marae mit Schnitzwerk überziehen.Nur die nördlichsten Inseln, die heute zu Papua-Neuguinea gehören, wurden von den Polynesiern gestreift, das Hauptland Neuguineas aber soll eine 20000 Jahren alte Kultur sein. Also keine Berührungen, keine Ähnlichkeiten, was ich zumindest in meinem Laienverständnis in Bezug auf Holzschnitzerei und Aussehen bestätigen würde.
Zurück zu Neuseeland. Die Frau von Kupe, die nach vielen, vielen Wochen Seereise auf den Wakas, den traditionellen Booten, vom Wasser aus die lange weiße Wolke, die Neuseeland oft überdeckt, sieht, ruft sie aus: sieh da eine lange weiße Wolke und gibt sie damit dem Land den Namen:
Aotearoa, das Land der langen weißen Wolke...Neuseeland.
Um 1600 landeten die Engländer an genau derselben Stelle wie Kupe 300 Jahre zuvor, unweit der Bay of Islands. Landnahmen waren mit der Ansiedlung der Engländer, Schotten und Iren der an der Tagesordnung. Und damit, wie immer, begannen die Probleme. Wen das interessiert kann das nachlesen. Was mich hier beschäftigt hat, war die derzeitige Situation in Neuseeland. 1840 gab es in Waitangi, an der Stelle, wo sowohl die Maori, als auch die Engländer ihren ersten Fuß auf das Land mit der langen weißen Wolke, ein erstes Treaty (Vertrag zwischen den Maori und den Vertretern der englischen Krone), indem die englische Krone zugesichert hat, das Land an die Maori zurückzugeben. Im letzten Treaty von 1975 wurde der Waitangi Act beschlossen, der den Maori Regierungsbeteiligung, weitreichende Rechte und Landrückgaben zusichert.Die Landrückgabe ist nach meinem Ermessen das größte Problem. Mit der Entwicklung der Moderne, der Emanzipation der Maori und zunehmenden Bildung im Rahmen der Gleichberechtigung von ehemaligen Kolonialisten und Maori, fordern die Maori Entschädigungen und Landrückgaben in erheblichem Maße. Das damit die derzeitigen Besitzer, vor allem die großen Farmbesitzer, nicht einverstanden sind, liegt auf der Hand.
Mir fehlt das Fachwissen, um diese Sachlage beurteilen zu können, aber mir fiel auf, dass es bisweilen ein schwieriges Miteinander gibt, dass sogar die Rede von “Übernahme“ durch die Maori ist, wobei es ein demokratisches Land ist und sollten die Maori Wahlen gewinnen, es ihr gutes Recht ist, die Politik zu bestimmen. Die letzte Ministerpräsidentin Jacinda Ardern setzte sich sehr für Gleichstellung der Maori ein, nun hat gerade zu Beginn meiner Reise die konservative Partei die Wahlen gewonnen…es bleibt zu hoffen, dass es keine Verhältnisse wie in Südafrika gibt.
Die Einführung der maorischen Tänze (der bekannteste ist der Haka, der Kriegstanz) in den Schulunterricht, ist eine der Neuerungen. Ich hatte das Glück 2x solche Schulmeisterschaften miterleben zu können. Fremd, spanenden, manchmal befremdlich aggressiv, dann wieder so harmonisch und tief emotional im Gesang. Ein besonderes Erlebnis, wie die Lütten mit Hingabe und Eifer ihre Kultur weiter und weiter beleben.
Auch sind alle Straßen- und Ortsnamen zweisprachig. Was allerdings irritiert ist, dass die Panoramazüge auch zweisprachig sind, allerdings nicht Englisch und Maori, sondern Englisch und Mandarin….die chinesische wirtschaftliche Invasion ist kaum zu übersehen und stößt mittlerweile auf großen Widerstand. Nicht selten findet man ein Schild an einem Geschäft: Besitzer und Betreiber sind Neuseeländer.Neuseeland war eigentlich ein zusammengewachsenes Land, erzählt mir Anita, eine niederländisch stämmige Frau in meinem Alter, nun stehen wir vor einer Spaltung. Wie schon gesagt, ich denke an Südafrika, aber da waren ja die Rechte der Schwarzen massiv eingeschränkt, nein, das läßt sich kaum vergleichen.
Ich schildere Eindrücke, zu mehr reicht meine Zeit nicht. Was nun nach der Wahl in diesem Land politisch geschieht, man darf gespannt sein. Die Spannung war für mich, da ich auch mit etlichen Maori im Kontakt war, auf beiden Seiten mit Händen zu greifen.
Ich wohnte in Rotuora im Hotel Princess Gate, ein altes gediegenes Kolonialhotel mitten im Ort. Rotorua selbst ist nicht besonders sehenswert, viel Kartonbauten, wenig Atmosphäre…aber der Sitz des Maori Land Court, das Gericht, das Recht über Landstreitfragen spricht.Interessant die Fressstrasse, da gibt es nur Restaurants. Auch hat mir gefallen, dass das Seeufer für die Öffentlichkeit, die Bürger da ist, die Hotels stehen in 2. Reihe. Der alte englische Park ist ein Relikt aus der alten Zeit, kaum mehr erinnert in dieser Stadt, neben meinem Hotel, an die Engländer.Wunderbar allerdings allerorts die kleinen Geysire und die beiden großen Thermalbäder, die ich mit meinem Knie gerne besuchte und stundenlang im warmen bis heißen Wasser lag.
Hier in Rotuora fand ich dann auch die gnädige Sprechstundenhilfe eines Orthopäden, die mir einen Termin bei ihrem Chef besorgte. Ein umsichtiger Herr in meinem Alter, der nicht wie der Arzt in Devenport auf dem neuseeländischen System bestand, sondern mich einfach behandelt…und endlich begann das Knie zu heilen. Wie sich herausstellen sollte, hatte ich aber noch Monate Spaß an dieser Verletzung.
Wir hatten wunderbare Tage…Tea Time im Princess Gate, ganz wie es die Queen liebte, nur nicht so gut, vermute ich. Das Highlight: Steaks zum Abwinken und alles was dazu gehört in ihrem netten Haus am Rande von Rotuora.Am kommenden Morgen brachte sie mich zum Flughafen und organisierte sogar noch eine Nichte, die mich in Kirikiri abholte und zu meinem B&B nach Paihia, hoch im Norden, in der Bay of Islands, brachte.Die Neuseeländer sind sehr gastfreundlich!
Und diesen Talisman schenkte ich mir zum Geburtstag. Ich feierte mit mir allein im Artcenter in Te Puia mit einem gigantischen Buffet...das meiste aus dem Erdofen...aber mir hatten es die Meeresfrüchte und die Süßigkeiten angetan.
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