…der Unterschied zu Bhutan in jeglicher Hinsicht hätte nicht größer sein können.
Ich landet mitten in der Nacht, die Wartestunden auf dem Stop-over in Mumbai waren ermüdend, die Präsenz der arabischen Männerübermacht erdrückend, ich fühlte männliche Aggression.Am kommenden Morgen traf ich auf meine kleine Gruppe, ein Ehepaar aus München und ein Mutter-Tochtergespann.
Das Wichtigste:
am Größten, am Schönsten, am Seltesten, am Teuersten
Der Reiseleiter nahm uns in Empfang und wir besichtigten zunächst Muscat, die Hauptstadt, am nächsten Tag ging es ab in die Wüste, zunächst entlang der Küste, dann auf Dünen und zu Nomaden, die in einem Zelt zu Touristenzwecken zum Tee einluden. Hier erfuhr ich, dass die Frauen Masken tragen, angeblich als Sonnen-schutz, aber eine Ausstellung ließ die Aussage Lügen strafen, denn unter der Maske bildete sich häufig Exeme. Ich vermute, eine Art nomadische Frauenverschleierung?
Eine Antwort bekam ich nicht: Unser Reiseleiter war so linientreu, dass er kritische Worte noch nicht einmal hörte, geschweige denn beantwortete.
Wir stiegen in zwei Wadis ab, das sind Flussläufe, die immer mal wieder Wasser führen, wenn es regnet und dann das gesamte Gebiet überschwemmen, so dass hier tatsächlich auch etwas wächst. Das kühle Bad war bei der Hitze mehr als erfrischend.
Hoch hinauf dann zu einem Pass und einem grandiosen Canyon, der für meinen Rücken allerdings nur anstrengend war, wir fuhren off-road.
...und überall das Gold der Omanis: die Ziegen
die Stadt Sur streiften wir nur, aber die Dhauwerft, die einzige im Land, die noch Boote im alten Stil produziert war sehr interressant.
Die Bauarbeiter sind Inder und andere aus den asieatischen Ländern, die Eigner sind Omanis.
Der Frauenmarkt in Ibra war eine Enttäuschung, dafür aber entschägigte uns die Stadt Nizwa.
Hier wurde der Ziegenmarkt abgehalten, auf dem in aller Frühe, trotz Ramadan, die Ziegen versteigert wurden…sie liefen Runde um Runde am Strick mit ihrem Besitzer, irgendwann bekam dann jemand den Zuschlag.
Der alte Souk war zwar total modernisiert, aber das Leben fand trotzdem statt: Gewehre, Gemüse, Weihrauch, Gewürze, Fleisch, Fisch, Rosenwasser
Der Besuch von zwei alten Dörfern, die von der UNESCO geschützt werden, eines davon Misfah, in dem das Bewässerungssystem schon zu Urzeiten eine Wasserversorgung sicherte, zeigte uns wie es einmal war…im Land von 1001 Nacht, damals, bevor Sultan Kabus alles neu machte…wirklich alles neu machte. In diesem Land blieb, wie in Singapur, kein Stein auf dem anderen.
Aladin ist tot und seine Wunderlampe ist verloschen
Souks, Märkte und Orte sind blitz blank, neu, im arabischen Stil…weiß, hygienisch und ich finde sie, zugegebener Maßen subjektiv, steril… Dieses Land ist heiß, karg und unwirtlich, so scheint es dem Außenstehenden und ich verneige mich mit voller Bewunderung vor den Menschen, die hier unter diesen Umständen ihr Leben führen…offenbar ein gutes Leben, wie ich sehr eindrücklich auf der zweiten Etappe, in Mussandam erleben durfte.
Markthallen, Wohnhäuser, Kastelle,,, alles, alles,alles wurde neu aufgebaut. Das muß man mögen!
Das Öl hat das Land steinreich gemacht und der Sultan hat sein Land und seine Leute an diesem Reichtum teilhaben lassen. Aber auch der Fischreichtum schwemmt viel Geld ins Land…3 Mio Einheimische profitieren davon, 2 Mio Fremdarbeiter aus dem asiatischen Raum ermöglichen ihnen diesen Reichtum auch in angemessene Bedingungen um zu setzen: Hausbau, Infrastruktur, Gastronomie ect.Jeder Volljährige bekommt ein Grundstück vom Staat, in den Bergen wohnt man kostenfrei von Strom und Nebenkosten.
Ich schaue zurück nach Bhutan und denke an die Bedingungen, unter denen ein Jugendlicher seine Anerkennung als Volljähriger bekommt: er muss sich mindestens drei Wochen im Leben sozial und ehrenamtlich einbringen…Viele tun das wesentlich länger.Bruttosozialglück versus Bruttosozialprodukt…nicht nur in Sachen Klimazone, auch in Sachen Philosophie und Wirtschaftsstruktur: Der Unterschied hätte krasser nicht sein können.
Probleme machen die vielen Entsalzungsanlagen, die das Salz zurück ins Meer schwemmen und damit den Salzgehalt an der Küste deutlich erhöhen, was wiederum Folgen für das Leben im und am Küstenstreifen hat, so unser Guide.
Mir gefiel der Oman ganz und gar nicht.
Und das lag nicht nur, aber auch zu großen Teilen an unserem vollkommen gelangweilten und desinteressierten Reiseleiter, der nur Job nach Vorschrift machte…von 9.00-16.00 und sich sonst nicht blicken ließ.
Zurück ging´s dann nach fünf Tagen nach Muscat und ich war froh, dass diese Etappe zu Ende war, denn wir bekamen in meinen Augen nur einen Pflichteindruck, das omanische Leben blieb zumindest mir verborgen. …schade…
aber mir ist schon bewußt: der Sultan Kabus hat das Land gerettet, hat es befreit und den Mnschen Menschenwürde gebracht.
Ich suche wohl nach dem Vergangenen, das ist meine verklärte Sicht und meine Sehnsucht nach den Erinnerungsbildern meiner Kindheit aus Büchern und Märchen...aber die Menschen in diesem Land haben ein gues Leben bekommen, da zählen wohl kaum meine enttäuschten Träume.
Mussandam...doch noch ein bißchen Alibaba und Kalif Storch
Mein zweiter Trip gab mir aber dann doch noch ein paar ursprüngliche Eindrücke.
Ich flog am kommenden Tag nach Khasab, die einzige Stadt in der Enklave Mussandam, die zum Oman gehört. Dort stieg ich auf eine Dhau, ein nach traditionellem Vorbild gebautes Boot, mit sieben anderen Passagieren aus der Schweiz, Dubai und Deutschland um und erlebte den Oman und sein Leben…ich versöhnte mich mit diesem Land, bisweilen bezauberte es mich sogar, zumindest zeigte es mir, wer hier wie lebt und das es zwar unvorstellbare Temperaturen, unendlich viel Stein und Sand und eine erbarmungslose Sonne gibt, aber darin Menschen leben, die ihr Land lieben, es stolz und lebendig den Besuchern offenbaren…und offenbar nicht erst seit der Totalsanierung durch Sultan Kasabh und die Ölmilliarden.
….hier wurden wir von der Crew mit Orten, Menschen und Erlebnissen beschenkt, die den Oman zu einem spannenden Land für mich machten.
Die Dhau umrundete Mussandam, entlang der steinernen, zerklüfteten Küste. Kasabh ist die einzige Stadt, Fischerdörfer, wie z. B. Kumzar, finden sich an den Küsteneinschnitten. Sie drängen sich an die Felsen auf dem kleinen Stück flachen Landes, das sich hier gegen das Meer behauptet. Wir besuchten vier Dörfer, von ganz klein bis schon fast Kleinstadtgröße.
Im Sommer wird es oft über 50° heiß, deshalb bauten die Bewohner früher ihre Häuser in die Berge, nutzen Höhlen, die sie mit Steinmauern vor den Öffnungen vor Wind und vor allem Sand und Hitze schützten oder bauten dicht an den Fels gedrängt auf terrassenförmigen Hängen ihr Stadt aus Stein. Von weitem waren diese Häuser nicht auszumachen, so dass sich auch Angreifer in alten Zeiten kein Ziel bot.
Heute gibt es keine Gefahr mehr, die Menschen sind vor 50-60 Jahren in Häuser unten am Meer gezogen und in dem Maße, wie Oman reich wurde und damit seine BewohnerInnen, entwickelten sich die Dörfer, erhielten Wassertanks und Elektrizität.
Die Menschen hier leben vom Fischfang, der großen Reichtum in die Gegend gebraucht hat.
Im Sommer, wenn es unerträglich wird, ziehen die Bewohner der Dörfer in die Stadt oder in eine Oase, nach Dibba, im Süden Mussandams, fast alle Dorfbewohner der Küstenregion haben ein zweites Haus. Nur eine Wache bleibt vor Ort, um das Überleben der Ziegen zu sichern. Ziegenfleische ist eines der wichtigsten Lebensmittel der Omanis.
Khasab weitet sich immer mehr aus, die Grundstücke in den umliegenden Tälern werden vergeben und nach und nach bebaut…hier entstehen neue Stadtarme mit eigenen Zentren und Namen…eine Zersiedlung, wenn man so will oder aber eine flächige Neubesiedlung. Hoch oben in den Bergen verbergen sich Ökofarmen und Oasentäler mit sattem Grün, bestellten Feldern und wie überall: jede Menge Zeigen, die lebendigen Juwelen der Omanis.
Es ist Ramadan, der Fastenmonat, in dem zwischen Sonnenauf- und untergang gefastet wird. Die Omanis halten das im Gegensatz zu ihren muslimischen Nachbarn, sehr streng ein. So können wir leider keinen Kontakt zu den Einheimischen in den Dörfern bekommen, sie beten und schlafen tagsüber, erst nachts wird gegessen und man sitzt in den Familien zusammen.
Deshalb bringt uns auch unsere Crew erst abends nach Sonnenuntergang zu einer Familie, deren Männer uns gastfreundlich willkommen heißen und uns mit Tee, Chips und Lollis bewirten. So haben wir doch noch einen Einblick. Es ist gemütlich, kurzweilig und einfach schön in diesem Raum vor dem Haus, wie eine Laube, ausgestattet mit Sitzmatratzen, Leuchtgirlanden und natürlich, einer Wasserpfeife.Wenn es nicht Ramadan ist, dann sind auch die Frauen dabei, dann wird am Strand ein schattenspendendes Zelt aufgebaut, mit Kissen, Tee und Gebäck bewirten sie dann gastfreundlich und gesprächig die Besucher. Leider können wir das nicht erleben, umso wertvoller die Einladung in dieses Haus nach dem Fastenbrechen.
Auch in anderen Dörfern gelingt es uns zumindest kurz in Kontakt zu kommen, wie der Fahrer unseres Jeeps bei der Besichtigung der Kleinstadt L.
Er erzählt uns viel zum Leben, zu den Zeiten, in denen das jetzt trockene Flussbett des Wadis zu einem reißenden Fluss wird, zu den Dattelpalmen und ihrer Erntezeit, zu Friedhöfen, Schulen und dem kulturellen Leben wie z.B. Hochzeiten und andere Feste.
Er gesteht uns auch, dass er omanische düfte liebt und zeigt mir seine sammlung im auto, gleich neben dem schaltknüppel...und...ich gestehe, es koch verführerisch gut.
Leider schläft auch der einzige noch tätige Schmied heute bei unserem Besuch, der die kunstvollen kleinen Beilchen herstellt, die seit Jahrhunderten als Werkzeug und früher als Waffe in Form eines Spazierstockes von jedem Mann mitgeführt wurden, was aber heute jedoch immer häufiger unterbleibt. Aber in jedem Auto findet sich ein solcher Stock, sollte er beim Aussteigen doch noch als Insignie der männlichen Autorität gebraucht werden.
Er erzählt mit so viel Stolz zu Zuneigung zu seinem Land: „Oft gehe er hinauf zu den alten Häusern seiner Familie, grille dort und schaue einfach nur über das Meer und über das Land, sei eben nur da und genieße die Stille und die Ruhe.
Das hatten uns auch die Männer am Vorabend erzählt. Sie arbeiten außerhalb, Dubai, Abudabi, aber sie kommen sooft sie können hierher zu ihren alten Familien und ihrem Land zurück.
Das läßt für mich dieses Land in einem ganz anderen Licht erscheinen, dafür bin ich dankbar, hätte ich doch sonst Oman als Alptraum abgeheftet.
Unsere Crew kredenzt uns dreimal täglich ein wundervolles Essen mit allem, was das Herz begehrt. Wir halten keinen Ramadan ein – nur Alkohol – den gibt es selbstverständlich nicht. Die Gesellschaft meiner Mitreisenden ist ausgesprochen nett, die Unterhaltungen kurzweilig und interessant, die Ruhezeiten … chillen, lesen, dösen … genießen auf den Matratzen auf dem Vorderdeck. Der Koch schickt Leckereien herauf, Tee und omanischen Kaffee, mit Rosenwasser und Kardamom, werden gereicht…es geht uns gut, ausgesprochen gut.
Wir fahren zum Fischen raus … Brigitte fängt drei Fische, zwei davon genießbar, die Männer sind neidisch. Anfängerglück.
Nachts fahren wir über Planktonfelder im Meer und die See leuchtet in schönstem Blau. Was für ein Erlebnis!
Ein weiteres Highlight – ich schlafe unterm freien Himmel auf dem Oberdeck – wie schön ist das denn ... leider wollen mir die Sterne dabei nicht zuschauen, aber das Meer singt mir ein Wiegenlied. Ich schlafe himmlisch.
Eigentlich wollte ich 3 Nächte, also vier Tage bleiben, aber ich sorgte mich um meinen Anschluss Flug nach Athen und verließ das Schiff schon am Nachmittag des dritten Tages. Zurück ging es mit einem Jeep noch in das Gebirge mit unglaublichen Aus- und Einblicken, was sich so alles verbirgt in einem Land, das zunächst aussieht wie Mordor…Herr der Ringe, ihr erinnert euch?
Diese Tage in Mussandam haben mir den Oman nähergebracht. Danke, liebe Crew, danke liebe Mitreisende…ihr alle hattet daran einen großen Anteil.
Und so fängt mich doch am Ende ein Zauber ein, der dieses Land ... Mussandam, im obersten Norden, des zipfels, gleich neben Dubai ... umgibt und jetzt beim Schreiben fällt mir das Gedicht von Hermann Hesse ein: Stufen
Stufen
Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
In andre, neue Bindungen zu geben.
Mit Mussandam beginne ich zu weinen…hier beginnt mein Abschied von dieser Reise...
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft zu leben.
Wir wollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
An keinem wie an einer Heimat hängen,
Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
Er will uns Stuf´ um Stufe heben, weiten.
Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.
Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
Uns neuen Räumen jung entgegen senden,
Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden ...
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!
Hermann Hesse, aus dem Buch „Das Glasperlenspiel“
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